Neuköllner Freizeitstudie / Jugendstudie,
Einleitung, Aufbau und 7seitige Kurzfassung

Konzeption der Studie

 

Das Hauptinteresse dieser Studie richtete sich darauf, herauszufinden, was unterschied­liche soziale Gruppen von Jugendlichen in Neukölln tatsächlich in ihrer Freizeit unter­nehmen und was ihnen am meisten fehlt. Ziel ist, die Angebotsstruktur zu überprüfen, zu verbessern, zu ergänzen oder bei notwendig werdenden Kürzungen zumindest die An­gebote zu reduzieren, die kaum angenommen werden. Weiterhin wurden finanzielle Ressourcen, Zeitbudgets, Intensität der Aktivitäten, Arbeitsbelastungen, Informations­verhaltens­weisen und die Bereitschaft zu ehrenamtlichen Aktivitäten erfragt. Dies erhöht das Verständnis über Hintergründe der Freizeitaktivitäten und bietet weitere Ansatzpunkte für Diskussionen in Gremien der Jugendhilfe, die Entwicklung pädagogischer Strategien oder weiterführende Untersuchungen.

Entwicklung des Fragebogens - Abstimmungsprozesse

 

Zur Entwicklung des Fragebogens und unserer Hypothesen zogen wir zuerst bestehende Jugendstudien heran. Nach dem Entwurf des Fragebogens erfolgten verschiedene Ab­stimmungs­prozesse mit der Leitung der Abteilung Jugend und Sport, der Amtsleiterin des Amtes 6 - Jugendförderung und Sport, den Leiter/innen der Jugendclubs und der Fachkraft für Jugendhilfeplanung. Zwischen den Abstimmungsphasen testeten wir die Fragebögen in verschiedenen Entwicklungsphasen mit Jugendlichen unterschiedlicher Altersstufen und Schultypen. Auch diese gaben uns weitere Anregungen. Zum Schluß legten wir den Fragebogen zur Genehmigung auch der Abteilung Bildung und Kultur sowie der Leiterin des Landesschulamts, Außenstelle Neukölln vor, die uns ihre Kooperation zusagten. Die zeitaufwendigen Abstimmungsprozesse haben sich gelohnt: Bei der Befragung wurden wir von den Schulleitungen und Lehrer/innen her­vor­ragend unterstützt. Die Schüler/innen haben den Fragebogen gut angenommen, sich häufig sogar dafür bedankt. Viele Lehrer/innen und Schüler/innen baten uns, ihnen die Ergebnisse der Befragung mitzuteilen.

Befragungssituation

 

Die Befragung erfolgte in Form von Klassenbefragungen während einer Unterrichtsstunde. Schulen sind Orte, an denen fast alle Jugendlichen, zumindest bis zum 16. Lebensjahr,  erreicht werden können, eine wichtige Voraussetzung für die Repräsentativität der Studie. Während der Befragung war jeweils eine von uns oder ein dritter Mitarbeiter in den Klassen anwesend, um Fragen der Schüler/innen direkt und einheitlich zu beantworten, Schü­ler/innen mit Lese- und Schreibschwächen gegebenenfalls zu unterstützen und um die Ernsthaftigkeit der Studie zu betonen. Zum Abschluß gab es auch ein kleines Geschenk (Kartenspiel, Kugelschreiber mit Seifenblasen, Minipuzzle). Die persönliche Anwesenheit und die Betonung des offiziellen Charakters der Untersuchung war uns wichtig, da wir bei Befragungen von Studierenden gesehen hatten, daß Fragebögen oft sehr chaotisch oder absichtlich falsch ausgefüllt worden waren. Die unteren Klassen benötigten zwischen 30 und 45 Minuten für den Fragebogen, die höheren Klassen zwischen 15 und 30 Minuten. In höheren Klassen erfolgten des öfteren Diskussionen im Anschluß an die Befragung. Die Schüler/innen nahmen unseren Fragebogen sehr ernst. Nur die wenigsten sahen in der Umfrage eine Belästigung, die meisten eher ein Beteiligungsinstrument. Viele freuten sich, wenn sie hörten, daß wir in ihre Klasse kommen, nicht zuletzt deswegen, weil die Befra­gung eine Abwechslung zum Unterricht bot. Im Ergebnis wurden bis auf 2 Ausnahmen die Fragebögen von allen 1450 Befragten ausgefüllt. Unsere Rücklaufquote liegt also fast bei 100%.Trotz der Vielzahl der Fragen gab es selten fehlende Ankreuzungen. Möglichkeiten für freie Anmerkungen wurden von vielen Schüler/innen wahrgenommen.

Stichprobenumfang, Quotenplan

 

Für die Freizeitstudie erstellten wir unter Berücksichtigung verschiedener Datenquellen (Amtliche Meldestatistik 97, Schulstatistiken u.a. ) einen Quotenplan, der die realen Neuköllner Verhältnisse der Oberschüler/innen nach den Merkmalen Alter, Geschlecht, Schultyp, bzw. Ausbildungsstatus, Klassenstufe, Region und Staatsangehörigkeit widerspiegelt. Um jeweils die empirisch geforderten 30 Merkmalsträger/innen in den verschiedenen Merkmalskombinationen Alter, Geschlecht, Schultyp (Ausbildungsstatus), Region und Staatsangehörigkeit zu erhalten sowie Zufallsschwankungen auszugleichen, war es nötig mindestens 1000 Schüler/innen zu befragen.

 

In Neukölln gibt es im Schuljahr 97/98 in den Klassen 7 bis 13 insgesamt 13.861 Schüler/innen. Bis zum Redaktionsschluß konnten 636 Fragebögen von Jungen und 562 Fragebögen von Mädchen, insgesamt 1198 gültige Fragebögen eingegeben werden. Darunter befanden sich 1150 Fragebögen aus Schulen und 48 Fragebögen von älteren Schulabsolvent/innen[1], die wir von Mitarbeiter/innen der Jugendclubs, aus Eingliederungs­lehrgängen und von anderen Neuköllner Kolleg/innen erhalten hatten. Der Stichproben­umfang von 1150 Fragebögen entspricht somit einer Quote von 8,30% aller Neuköllner Schüler/innen. Ca. 250 weitere Fragebögen konnten aus Termingründen leider nicht mehr in die EDV-gestützte Datenanalyse einbezogen werden; wir nutzen diese Bögen jedoch in Bezug auf Texteingaben und zu Kontrollzwecken.

 

Repräsentativität

 

Im Ergebnis erhielten wir mit geringfügigen Abweichungen tatsächlich ein verkleinertes Abbild der Neuköllner Schüler/innen im Hinblick auf die Klassenstufen.

 

Hinsichtlich der einzelnen Schulgattungen wurden etwas mehr Sonderschüler/innen erhoben, als ihrem Anteil in der Grundgesamtheit entspricht. Die erhöhte Fallzahl war aber in unserem Sinne, da die Ausgangsquote der zu erhebenden Sonderschüler/innen zu gering war und die Zuverlässigkeit der Aussagen über speziell die Gruppe der Sonderschüler/innen bei Merkmals­kombinationen erhöht werden sollte. Die anderen Schultypen wurden ent­sprechend ihrer zahlenmäßigen / prozentualen Bedeutung (fast) genau [2] abgebildet.

 

Hinsichtlich der Merkmalskombination Geschlecht / Schultyp zeigte die Stichprobe, daß Mädchen an den Gymnasien überrepräsentiert, an Haupt- und Sonderschulen da­gegen unterrepräsentiert sind. Diese Verteilung erwies sich nach Abgleich mit der Landes­schulstatistik[3] als richtig. Der Anteil der Mädchen in höheren Schulgattungen ist inzwischen in Berlin und auch im Bundesgebiet überdurchschnittlich (siehe Teil B: Extra­ergebnis 1). Die Differenzen im Geschlechterverhältnis nach Schultypen sind zwischen der Stichprobe und der Berliner Normalverteilung gering. Gegenüber der Berliner Normal­verteilung auf die einzelnen Schultypen weist die Neuköllner Verteilung mit besonders vielen Haupt­schü­ler/innen ein Bildungsgefälle auf (Teil B: Extraergebnis 2). Dies erklärt, daß wir mit der Stichprobe etwas weniger Fragebögen von Mädchen erhalten haben, da wir nicht über­durchschnittlich viele Gymnasiast/innen befragten.

 

Insgesamt haben wir gegenüber den idealen Quoten nach Region und Staatsan­gehörigkeit  12,24 % zuwenig Fragebögen von Schüler/innen aus der Altstadt, 5,5% zuwenig Fragebögen der 12 bis unter 16jährigen anderer Staatsangehörigkeit und 3% zuwenig Fragebögen der über 16jährigen anderer Staatsangehörigkeit erhalten. Da wir insgesamt mehr Fallzahlen erhoben hatten, als erforderlich, können wir mit 276 Fragebögen von Jugendlichen anderer Staatsangehörigkeit und 406 Fragebögen von Jugendlichen aus der Altstadt dennoch zuverlässige Ergebnisse erzielen. Das Verhältnis der Jugendlichen mit und ohne deutscher Staatsangehörigkeit in Südneukölln wird durch die Stichprobe sehr genau abgebildet.

81,2 % der von uns Befragten gaben an, Geschwister zu haben. Leider gibt es keine brauchbaren Neuköllner Zahlen, die einen Vergleich zur Stichprobe ermöglichen, da die Volkszählung zu lange zurückliegt. Unabhängig von einer Auswertung nach Nord- oder Süd­neukölln weist die Umfrage darauf hin, daß es in Neukölln auch bei den deutschen Familien im Vergleich zum Bundestrend mit gut 20 % auffällig wenig Einzelkinder zu geben scheint (siehe Teil B: Extraergebnis 3).

 

Die Umfrage stellt für die Gruppe der 12 bis unter 16jährigen, etwas eingeschränkt auch für die Gruppe der 16 bis unter 18jährigen nicht nur ein verkleinertes Abbild der Schüler/innen, sondern aller Neuköllner/innen dieser Altersgruppen dar. Für die über 18jährigen und Älteren gilt dies nicht mehr.

 

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick

 

·      Bei der Wahl der Freizeitaktivitäten bestehen zum Teil große Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Eine Differenzierung nach Region, Altersstufen, Schultypen und auch nach ethnischer Zugehörigkeit fördert dagegen nur vergleichsweise geringfügige Abwei­chungen zutage.

·      Der größte Teil der Neuköllner Jugendlichen ist sportlich aktiv. Sport bietet nicht nur die körperlichen Betätigung, der Möglichkeit des „Auspowerns“, sondern auch einen integrativen sozialen Zusammenhang. Die Jugendlichen treffen sich beim Sport mit ihren Freund/innen, sie lernen neue Leute kennen und sie erhalten Informationen über interessante Freizeitangebote. Erfolgserlebnisse im Sport können helfen, schulische Mißerfolge zu kompensieren. Darüber hinaus können die Jugendlichen die Zusammenarbeit im Team wie auch den Umgang mit Konkurrenz lernen. Sport kann somit für viele Jugendliche eine Möglichkeit bieten, gesellschaftliche Desintegrationsprozesse auszu­gleichen.

·      In Sportvereinen sind hauptsächlich die deutschen männlichen Jugendlichen mit hohem Bildungsniveau organisiert. Nichtdeutsche Jugendliche betreiben im Verhältnis zwar mehr Sportarten als deutsche Jugendliche, dies jedoch eher sporadisch und weniger kontinuierlich. Folgerichtig sind nichtdeutsche Jugend­liche auch weniger in Sport­vereinen organisiert als die deutschen Jugendlichen. Den geringsten Anteil an Vereins­mitgliedern weisen die nichtdeutschen Mädchen auf  - und dies, obwohl sie vorzugs­weise klassische Vereinssportarten wie Schwimmen, Basketball, Volleyball etc. betrei­ben. Hier zeigt sich ein Mangel an Integration. Konzepte sind gefragt, die es erleichtern, die strukturell benachteiligten Jugendlichen stärker in die Vereine einzu­binden, um die schicht- und kulturübergreifenden Integrationspotentiale des Sports zu nutzen.

·      71,3% der Jungen und 39,6% der Mädchen haben einen eigenen Computer. Die Jugendlichen nutzen den Computer überwiegend zum Spielen. Nur 8,3% der Jungen, aber 26,8% der Mädchen nutzen den Computer auch in ihrer Freizeit für „ernsthafte“ Zwecke wie Malen, Arbeiten etc. Der Anteil der Mädchen ist hier dreimal so hoch, wie der der Jungen. Für die Mädchen hat der Computer anscheinend (noch) in höherem Maße Werkzeugcharakter, während die Jungen zum allergrößten Teil ein Spielzeug in ihm sehen.
 

·      Fernsehen gehört zu den am häufigsten ausgeübten Freizeitaktivitäten der Jugend­lichen. Die ausdauerndsten Fernsehkonsumenten sind die Hauptschüler: 63% der Hauptschüler sehen mehr als 3 Stunden am Tag fern, 23,3% sehen sogar mehr als 5 Stunden am Tag fern. Bei den Gymnasiasten hingegen liegt die Dauer des Fernseh­konsums unter dem Durchschnitt. Insgesamt neigen Jungen deutlich mehr zum „Dauersehen“ als Mädchen.

·      Dem größten Teil der Jugendlichen ist es in ihrer Freizeit besonders wichtig, daß Freunde und Freundinnen bei ihren Freizeitaktivitäten mitmachen und daß sie neue Leute kennenlernen. An zweiter Stelle steht die Ruhe vor schulischen und familiären Verpflichtungen. Ca. ein Drittel der Jugendlichen legt in der Freizeit Wert auf aktive Teilhabe. Von einer reinen Konsumorientierung der Jugendlichen kann also keine Rede sein.

·      Auf die Frage, wo sie sich mit ihren Freund/innen treffen würden, wurde am häufigsten das elterliche Zuhause genannt. An zweiter Stelle stehen Straßen, öffentliche Plätze und Parks. Auffällig ist, daß sich nur 15% der Mädchen, aber ein Viertel der Jungen im Jugendclub/ Jugendzentrum treffen. Der Anteil der Mädchen, die sich in Cafés und Eisdielen treffen, ist jedoch doppelt so hoch, wie der der Jungen. Mädchen haben aber weniger Geld als Jungen. Sie müssen daher stichhaltige Gründe haben, nicht in die Jugendclubs, sondern lieber in die teuren Cafés und Eisdielen zu gehen.

·      Den Jungen fehlen insbesondere Angebote, in denen sie aktiv etwas tun oder an etwas arbeiten können (Bolzplätze, Streetballanlagen, Computerangebote), während die Mädchen einen Bedarf an Kommunikations- und Aufenthaltsräumen artikulieren. In Anbetracht dessen, daß mit den vorhandenen Jugendclubs und Jugendzentren ein Angebot an Kommunikations- und Aufenthaltsräumen besteht, stellt sich erneut die Frage, warum so wenig Mädchen die Jugendclubs und Jugendzentren nutzen.

·      Von den 23,3% der Jugendlichen, die in ihrer Freizeit einen Jugendclub aufsuchen, geben 30% an, es fehle ihnen ein Jugendclub. Wenn tatsächlich 23,3% der Jugend­lichen regelmäßig einen Jugendclub aufsuchten, würden die Jugendeinrich­tungen bersten. Da dies nicht der Fall ist, gehen wir davon aus, daß es sich zum Teil um sporadische Besucher/innen handelt. Es ist anzunehmen, daß den 30% der Jugend­club­besucher/innen, die angeben, ihnen fehle ein Jugendclub, tatsächlich die Jugend­clubs mit ihrer jetzigen Angebotsstruktur nicht zusagen. Es fehlt ihnen also nicht irgendein Jugendclub, sondern ein Jugendclub nach ihren Wünschen. Dies erklärt, warum sie nicht regelmäßig, sondern nur sporadisch einen Jugendclub aufsuchen. Offensichtlich gibt es bei diesen Jugend­lichen jedoch einen starken Bedarf an Jugendclubs.

·      Mehr Angebote nur für Mädchen wünschen sich die Mädchen der Altstadt. Dies gilt zum einen insbesondere für die Altersgruppe der 12 bis 13jährigen Mädchen, zum anderen insbesondere für die türkischen Mädchen. Gewünscht werden überwiegend Tanzkurse/ Tanzgruppen, Sportangebote und Räume, in denen Mädchen ungestört sein und über alles reden können, sowie Selbstverteidigung/ Selbstbehauptung.

·      15,8% der Mädchen wünschen sich (preiswerte) Angebote zur Selbstverteidigung/ Selbstbehauptung nur für Mädchen. Im Gegensatz zu den Jungen sagt einem Großteil der Mädchen das in den Sportschulen und Vereinen bestehende Angebot offensichtlich nicht zu.

·      Mehr Angebote nur für Jungen möchten insbesondere die 12 bis 13jährigen Jungen aus der Altstadt. Die Jungen wünschen sich mehr Fußballplätze und -turniere, mehr Basketball- und Streetballplätze, Musikgruppen, Konzerte und Computerangebote.

·      Mehr als die Hälfte der Jugendlichen wünschen sich Angebote, die ihnen bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche von Vorteil sein könnten. Besonders hoch ist hier der Anteil der Haupt- und Sonderschüler/innen.

·      Mehr als ein Drittel der Jugendlichen wäre bereit, zur Sicherung ihrer Freizeitinteressen ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen. Die Bereitschaft ist bei den Mädchen höher als bei den Jungen und bei den deutschen Jugend­lichen höher als bei den Nichtdeutschen. Am geringsten ist die Bereitschaft zu ehren­amtlicher Tätigkeit bei den nichtdeutschen Jungen

·      Der Anteil der Jugendlichen, die neben der Schule noch einen bezahlten Job ausüben, ist bei den nichtdeutschen Jugendlichen deutlich kleiner als bei den deutschen Jugend­lichen. Dies kann ein Hinweis auf die geringere Integration der nichtdeutschen Jugend­lichen sein. Nichtdeutsche Jugendliche haben es anscheinend nicht nur schwerer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, sie werden schon bei der Vergabe von Nebenjobs be­nachteiligt.

·      Mädchen müssen deutlich mehr Hausarbeit verrichten als Jungen. Das gilt insbesondere für die nichtdeutschen Mädchen. Die nichtdeutschen Jungen müssen hingegen beson­ders wenig Hausarbeit verrichten. Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau werden stärker zur Hausarbeit herangezogen als Jugendliche mit hohem Bildungsniveau.

·      Mädchen haben insgesamt deutlich weniger Freizeit als Jungen. Am wenigsten Freizeit haben die nichtdeutschen Mädchen. Das geringe Freizeitbudget der Mädchen liegt zum einen darin begründet, daß Mädchen an „höheren“ Schulen überrepräsentiert sind. Sie verbringen deshalb vermutlich mehr Zeit mit Schule und Hausaufgaben. Zum anderen machen insbesondere die nichtdeutschen Mädchen mehr Hausarbeit als Jungen. Am meisten Freizeit haben die nichtdeutschen Jungen und die Jungen mit doppelter Staatsangehörigkeit: Sie sind an „höheren“ Schulen unterreprä­sentiert, sie müssen erheblich weniger Hausarbeit leisten als die Mädchen und sie üben weniger bezahlte Nebenjobs aus als die deutschen Jugendlichen. Aufgrund des hohen Freizeitbudgets dürfte diese Gruppe auch einen besonders hohen Bedarf an Freizeitan­geboten haben.

·      Mädchen erhalten weniger Taschengeld als Jungen. Die nichtdeutschen Mädchen er­hal­ten am wenigsten, die nichtdeutschen Jungen am meisten Taschengeld. Mädchen, ins­besondere nichtdeutsche Mädchen, können es sich also weniger als Jungen leisten, auf kommerzielle Freizeitangebote zurückzugreifen.

·      Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gab an, daß es im Bezirk Freizeitangebote gebe, die sie gerne nutzen würden, die aber für sie zu teuer sind. Insbesondere das Freizeitbad BLUB gilt vielen Jugendlichen als unerschwinglich.

·      Auffällig ist, das gerade die nichtdeutschen Jungen, die überdurchschnittlich viel Taschen­geld beziehen, zu 60% die Auffassung vertreten, daß ihr Taschengeld nicht reiche. Wir vermuten, daß trotz der guten finanziellen Ressourcen der nichtdeutschen Jungen die fehlenden gesellschaftlichen Perspektiven, wenig Leistungsanreize, mangelnde Jobmöglichkeiten und zuviel Freizeit zu dieser Unzufriedenheit führen. Dieser Gruppe müssen sinnvolle Freizeitbetätigungen und Leistungsanreize geboten werden.

·      Ca 18% der Jugendlichen fühlen sich in „ihrer Gegend“ bzw. auf ihren Wegen nicht sicher. Zwischen dem mangelnden Sicherheitsempfinden gerade der männlichen Jugendlichen und ihrer ethnischen Zugehörigkeit gibt es einen signifikanten Zusammen­hang. Während sich 22% der deutschen Jungen nicht sicher fühlen, sind es bei den Jungen anderer Ethnien nur 8,9%. Die deutschen Mädchen der Altstadt fühlen sich zu 26,4% nicht sicher. Die Mädchen anderer Ethnien und die deutschen Mädchen der Südstadt fühlen sich zu 17% nicht sicher. Als Grund für das mangelnde Sicherheits­gefühl gaben die Jugendlichen insbesondere Kriminalität, wachsende Brutalität und Raubüberfälle an. Ein Teil der Jugendlichen rekurierte auch auf „Ausländer“, insbeson­dere auf Türken und Araber.

61,3% der Jugendlichen informieren sich über die Freizeitangebote im Bezirk. Der Freundeskreis gilt als die wichtigste Informationsquelle. Nur 10,3% der Jugendlichen erhalten ihre Informationen über Freizeitangebote über die Schule. Aufgrund der allgemeinen Schulpflicht sind fast alle Jugendlichen über die Schule zu erreichen. Wenn es gelänge, die Lehrer/innen für die Freizeitgestaltung ihrer Schüler/innen und die Ange­bote der Jugendförderung zu interessieren, bestünde hier ein enormes Informations­potential.


Darstellung der Ergebnisse und Aufbau der Studie

 

Die Studie gliedert sich in 4 Teile. In Teil A befindet sich eine zusammenfassende Darstellung und Auswertung der Ergebnisse. Neben den wichtigsten Ergebnissen wurden insbesondere die Differenzen zwischen einzelnen Merkmalsträger/innen hervorgehoben, um Mitarbeiter/innen in Einrichtungen, Gremien und/oder Anbieter/innen von Jugendaktivitäten und -maßnahmen Schlüsse für die Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen zu erleichtern. Zum einfacheren Umgang mit dem - wenn auch schon verkürzten, aber immer noch beträchtlichen - Zahlenwerk haben wir einige Schlußfolgerungen eingefügt. Für die Eiligen gibt es obenstehende Kurzzusammenfassung. Teil A entspricht im Aufbau den Kapiteln der ausführlichen Darstellung der Ergebnisse im Anhang 1 (Details), der mit mehr Berechnungen, Tabellen und Grafiken als Referenzteil dient, aber nicht lesefreundlich ist.  Im Teil B befinden sich in Kapitel 1 Berechnungen zum Stichprobenumfang sowie der Quotenplan. In Kapitel 2 befinden sich Berechnungen über die nach der Befragung tatsächlich erreichten Quoten.  Als Extraergebnisse der Berechnungen zur Repräsentativität der Studie fielen Erkenntnisse über den Bildungsstatus Neuköllner Jugendlicher an, die für die Jugendhilfeplanung von Interesse sind. Im Anhang 2 befindet sich der Fragebogen.

 

 

 

Danksagungen

 

Wir möchten uns bei allen Mitarbeiter/innen der Abteilung Jugend und Sport, die uns mit Anregungen und konstruktiver Kritik unterstützt haben, herzlich bedanken; ebenso bei den Schulleiter/innen, die für eine hervorragende Terminierung der Befragungen sorgten sowie den Lehrer/innen, die uns in den Klassen unterstützten. Eine zügige Befragung wäre sicher ohne die Kooperation der Abteilung Bildung und Kultur und dem Landesschulamt, Außenstelle Neukölln nicht möglich gewesen. Großer Dank gilt insbesondere den Neuköllner Schüler/innen, die fast uneingeschränkt unseren sechsseitigen Fragebogen sorgfältig ausfüllten. Herzlichen Dank an Frau Vogelgesang und Frau Schneider, die die Daten sorgfältig eingaben sowie Herrn Bernhard Stelzl, der ein Drittel der zu befragenden Klassen übernahm. Nicht zuletzt möchten wir uns auch ganz herzlich bei unseren Freund/innen Carola und Georg für die inhaltlichen Anregungen und Korrekturen des Berichts in den verschiedenen Versionen bedanken.

 

 

 

Hinweis zur Begrifflichkeit

 

Die Begriffe nichtdeutsche Jugendliche, Jugendliche ohne deutsche Staatsangehörigkeit und Jugendliche ohne deutsche Staatsbürgerschaft wurden synonym verwandt. Hier geht es um diejenigen Jugendlichen, die keine deutsche, auch keine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Hierin sind 31 Jugendliche mit doppelter Staatsbürgerschaft nicht enthalten.

Im Begriff anderer Ethnien sind alle Jugendlichen enthalten, die eine andere Staatsbürgerschaft als die deutsche haben oder die eines Landes der Europäischen Union (EU). Diejenigen mit doppelter Staatsbürgerschaft  oder aus der EU sind zahlenmäßig so gering, daß sie kaum einen Einfluß auf die Auswertung haben.
 1. Beliebte Freizeitaktivitäten der Neuköllner Jugendlichen

 

           


           

 

           



(1)   Unter Schulabsolvent/innen verstehen wir diejenigen, die bereits die allgemeinbildenden Schulen verlassen haben, in der Regel Arbeitslose, Auszubildende, Zivildienst oder Wehrpflicht leistende Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren.

(2)   D.h..: innerhalb statistisch gültiger Schwankungsbreiten

(3)   Neuköllner Zahlen waren aus rechtlichen Gründen hierzu nicht erhältlich,  Mikrozensuszahlen zu ungenau und Volkszählungs­zahlen zu veraltet.