Neuköllner Portraits
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Ehrenamt im Familieninfobüro
Doris Alkan
Doris Alkan ist eine echte Berlinerin, in Weißensee geboren. Sie erlernte den Beruf der Fleischverkäuferin. Nach der Maueröffnung wechselte sie die Arbeitstelle und zog später in den Westteil der Stadt. Seit 9 Jahren ist sie Alleinerziehende Mutter. 2001 wurde sie arbeitslos. Sie machte mehrere Umschulungen zur Bürokraft, aber Arbeit fand sie danach nicht.
Im Herbst 2006 bot die Agentur für Arbeit ihr eine MAE Stelle (Mehraufwandsentschädigung, geringfügige Zahlung zusätzlich zum Arbeitslosengeld) halbtags an. Dies war bei einem Kooperationsprojekt zwischen Together e.V., Netzwerk Zukunft e.V. und dem Jugendamt Neukölln. Es ging um die Mitarbeit beim Aufbau eines Jugend- und Familieninfobüros. Ihre Aufgaben waren, Kleine Büroarbeiten, Flyer verteilen in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Mitarbeit bei der Vorbereitung und Realisation des Gewalt-Präventionstages in Neukölln sowie an anderen Veranstaltungen, Mitgestaltung des Angebotskalenders aller Kinder- und Jugendeinrichtungen der Stadtteile.
Wie so üblich lief diese Stelle bereits nach kurzer Zeit aus. Das Jugendamt bot ihr aber an, ehrenamtlich die Tätigkeit fortzusetzen, mit einer geringfügigen Aufwandsentschädigung. Die Arbeit macht ihr großen Spaß, sie hat einiges dazugelernt, „irgendwie besser als zu Hause zu sitzen“, sagt sie: „Hier hat man die richtige Praxis, man hat das Gefühl etwas sinnvolles machen zu können“.
Neuköllner Portraits
Jugendportrait: Vom Ehrenamt über den Honorarjob zur Karriere
(Interview von Alfred Banze: November 2005)
Timon Zuelsdorf
27 Jahre, lebt jetzt in Berlin Treptow
Bereits mit 14 Jahren nahm Timon an Computerkursen im Jugendzentrum Alt-Buckow teil. Mit 16 Jahren war er als Gruppenältester massgeblich an diversen Multimedia-Projekten beteiligt. In dieser Zeit erstellte die Gruppe unter anderem die erste Homepage eines Berliner-Jugendclubs und nahm mit großem Erfolg am Webseiten-Wettbewerb zum Thema „Jugend -Arbeit-Zukunft“ teil. Zwischen 1996 und 1998 nahm die Gruppe an zwei Wettbewerben des Deutschen Technik-Museums teil. Mit einer CD-ROM zur Geschichte des Telefons erreichten sie den zweiten Platz. Die interaktive Animation zur Geschichte des Telefons wurde dort lange Zeit ausgestellt. Mit einem interaktiven QuicktimeVR-Rundgang durch das Museum erreichten sie dann sogar den 1. Platz. Damit gewannen sie zum einen eine Exkursion zu den Intel-Werken in Irland und ins Heinz Nixdorf-Museumsforum, und zum anderen fünf PC-Systeme, die zur Vergrößerung des Rechnerangebotes für alle Jugendliche des Clubs beitrugen. Ein erster Schritt in Richtung Multimediacafé, das dort 1998 eröffnet wurde.
Mit 18 Jahren erhielt Timon seinen ersten Honorarvertrag im JZ Alt-Buckow als Leiter der dortigen Multimedia-Gruppe. Neue Konzepte der Jugendarbeit setzten sich durch: Statt einer Vollzeitkraft wurden lieber 7 junge Honorarkräfte finanziert, die den Betrieb des ersten Multimedia-Cafés in Neukölln aufrecht erhielten, Timon wurde einer von ihnen. Später war er für den technischen Support in allen Kinder- und Jugendeinrichtungen in Neukölln verantwortlich. Auf diese Weise konnte er „so nebenbei“ auch noch seine Weiterbildung finanzieren: Von 1999 bis 2003 studierte er Medieninformatik an der TFH Berlin. Während seiner anschließenden einjährigen Arbeitssuche war er weiterhin für die Jugendförderung tätig. Beim Europafest 2004 entstand eine Powerpoint-Präsentation zur Eingliederung der neuen Mitgliedsländer, die beim großen Jahres-Event in Neukölln gezeigt wurde.
Seit Juli 2004 arbeitet Timon als technischer Projektmanager bei Jamba!. Zu seinen Aufgabenbereichen gehören unter anderem die Betreuung der SMS- und MMS Infochannels zu Themen wie Sport, News und anderen Infothemen. Er beschreibt seine Arbeit als „ irgendwo zwischen Technik und Business“. Wohin es weiter geht? Im Bereich Mobile Content kann er sich gut vorstellen weiterzuarbeiten.
Timon 1996, bei einer Preisverleihung vor dem Technikmuseum mit der Computergruppe und Einrichtungskollegen des Jugendclubs Alt-Buckow und Grenzallee!
Einmal im Jahr trifft sich die alte Gruppe vom JZ Alt-Buckow zum Sushi-Essen, mit Florian Manchen, Benjamin Pfennig, Nadja Raming, Christin Nasiadko und Sebastian Mönch. Dann kommen Themen auf den Tisch - wie das Projekt X, das nie fertig wurde... So hatten Leute von Otto-Wels-Ring die Idee von einem Online-Stadtplan für Kids, an dem sie ihre besonderen Orte einzeichnen könnten. Das wäre doch ein super Projekt, das man gut in Flash umsetzen könnte...
Ob sich das Arbeiten in den Multimedia-Gruppen gelohnt hat? Klar, denn all diese Erfahrungen hätte Timon zu Hause als PC-Einzelkämpfer gar nicht machen können. Erst die Arbeit in den Teams hat seine berufliche Entwicklung ermöglicht. Außerdem boten die Projekte, die im Laufe der Zeit in den Multimediagruppen entstanden sind, eine gute Grundlage für seine späteren Bewerbungen.
Inzwischen wohnt er mit seiner Freundin in einer schönen Seitenstraße in der Nähe des Treptower Parks gar nicht so weit weg von der alten Heimat Neukölln.
Neuköllner Portraits
Jugendportrait: Vom Ehrenamt über den Honorarjob zur Karriere
(Interview von Alfred Banze: November 2005)
Ivan Stevanovic
Ivan Stevanovic
27 Jahre, lebt in Berlin Neukölln
Sohn jugoslawischer Migranten
In den frühen Neunzigern lernte er Breakdance und griff das Tanzen 2000 nach vorzeitig abgeschlossener Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel wieder auf. Er gab Breakdance-Kurse in Jugendeinrichtungen im Auftrag von Bezirksämtern, S.O.S. Kinderdorf e.V., der AWO-Schulstationen und der Berliner Bäder Betriebe. Er bot die Kurse in Berliner Gegenden mit einkommenschwachen Familien an. Seit 2002 kamen Stationen- wie „D!´s Coach & Casting Center“ und eine Produktion von Constanza Macras für das „Hebel-Am-Ufer Theater“ hinzu. Im selben Jahr plante und organisierte er im „Battle of the Year“ Team für die B-Berlin-Open und ist seitdem fester Bestandteil der B-Boy Szene in Berlin und Deutschland. Im Moment studiert er Sozial-Managment und trainiert seine Schützlinge „Flashbang“ (B-Boying) und „G-eyes Fusion“ (Hip-Hop / Show).
Als Kind besuchte er den Jugendklub Manege, der bei ihm gleich um die Ecke war. In seiner Gegend gab es auch Jugendgangs. Die fand er damals cool und wollte am liebsten selbst Mitglied sein. Aber als er endlich alt genug dafür war, hat sich diese Faszination schnell erledigt. Mit Sprüchen wie „Die Weißesten führen an!“ konnte er nichts anfangen. Schnell wurden die Bolz-und Basketballplätze Neuköllns „sein Revier“ aber in einem tänzerischen und sozialen Sinn.
Ivan „damals“ im
Jugendzentrum Feuerwache
Zu Jugendclubs hatte Ivan eine zeitlang keinen Kontakt bis er im offenen Bereich im Jugendzentrum Feuerwache einen Job bekam. Eigentlich wollte er damit nur seine Weiterbildung finanzieren, aber die Kids sind ihm schnell ans Herz gewachsen. Nun wollte er es besser machen.
Ein Vorbild sein? „Irgendwie schon, aber ich wollte auch zeigen, worauf es ankommt. So eine Art älterer Bruder sein, auf den man sich verlassen kann“, sagt Ivan. „Außerdem ist Breakdance kein Sport und auch kein Tanz“, wie er einer Tanzlehrerin erklären musste, „es ist eine Art Lebensauffassung. Viel cooler als das, was die üblichen Jugendgangs zu bieten haben“. Aber da war etwas, das ihn immer noch an den Gangs von damals faszinierte: Dieser Traum, dass man es auch ohne Eltern, Erwachsene und Lehrer schaffen kann, wenn man als Gruppe zusammenhält. Im Jugendclub Feuerwache wurden ihm von der Leiterin Annette Muggelberg große Freiheiten eingeräumt, wie er die Kids trainieren durfte. Das fand er einmalig in Berlin und deshalb würde er auch jederzeit wieder hierher zurückkehren und auch größere Projekte machen wollen.
Ob ihm die Arbeit in den Jugendeinrichtungen was gebracht hat? „Auf jeden Fall“,und ohne die Hilfe der Mitarbeiter wäre er nie soweit gekommen. Aber er findet auch, dass seine Arbeit nicht umsonst sein sollte, und das rät er auch seinen Breakdance-Teams:
„Da ist so ein Medien-Hype um Breakdance, da dürfen wir uns einfach nicht gratis verkaufen.“Ivan Stevanovic
Neuköllner Portraits
Jugendportrait: Vom Ehrenamt über den Honorarjob zur Karriere
(Interview von Alfred Banze: November 2005)
Martin Czuchra
20 Jahre, lebt in Berlin-Wedding
Als Kind hatte Martin immer das Gefühl, Neukölln wär fest in polnischer Hand und alles hätte seine Ordnung so. 1987 waren seinen Eltern mit ihm aus Polen eingewandert, da war er zwei Jahre alt. Später, als er in der 7. Klasse ans Ernst Abbe Gymnasium wechselte, fiel ihm auf, dass in seiner Schule auch viele Türken waren. Anscheinend waren die wohl auch so gut, dass sie alle ans Gymnasium konnten.
Bereits mit 9 Jahren durfte er Dank einer Sondergenehmigung am Computerkurs im JZ Grenzallee teilnehmen, der wurde damals, ebenfalls - teils ehrenamtlich - von Dr. Peter Kempin vom Kreuzberger tesof e.V. angeboten. Im Jugendclub waren auch viele Jugendliche unterschiedlichster Herkunft. Bis zum Alter von 13 Jahren hatte Martin sich in Themen wie Website-Design und Netzwerktechnik eingearbeitet und erste kleine Projekte im Jugendclub durchgeführt. Schuld am Computerinteresse war auch ein alter Commodore 500 Computer, den er zuhause hatte. Mit 14 machte Martin die erste Website des JZ Grenzallee und bekam einen kleinen Honorarjob dafür. Bis Herbst 2005 ging das so, er bot nun selbst Computerkurse an, und er wurde DER Mr. Computer in der Grenzallee.
2005 wurde das anders, er hatte Jobs bei verschiedenen Firmen, und sein Aufgabengebiet im Jugendzentrum änderte sich. Andere Leute kamen! Marcel, ein anderer Jugendlicher mit viel ehrenamtlichen Engagement im technischen und kaufmännischen Bereich, wurde der neue PC-Mann. Er selbst wurde „Mädchen für alles“... Aber das war o.k.!
In der 10. Klasse war Martin auf Anraten von seiner Mathelehrerin ans Andreas Gymnasium versetzt worden, einer Modellschule der Mathematischen Schülergesellschaft, mit Professoren der Humbold Uni als Lehrern. 2004 machte er sein Abitur, und mit 19 fing er an zu studieren, IT Systems Engeneering, eine Art Informatikstudium, Softwareeentwicklung nahe an der Wirtschaft. Das Hugo-Plattner-Institut in Potsdam ist eine private Einrichtung, die in jeder Beziehung bestausgestattet ein hochqualifiziertes Studium mit einem staatlichen Abschluss anbietet. Zunächst steht in 3 Semestern der Bachelor an, und Martin ist guter Dinge, dass er auch den Mastersabschluss schaffen wird. Danach? „Das hat jetzt erst mal noch Zeit!“
Martin Czuchra im Jugendzentrum Grenzallee
Auf die Frage, ob die Jobs im Jugendzentrum ihm was gebracht hätten, außer Geld, antwortet er:
„Das war schon ein tolles Gefühl, Sachen machen zu können, die andere gebrauchen können!“
Martin kommt auch jetzt noch oft im Jugendclub Grenzallee vorbei.