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Kinderjury / Kinderkonferenz 2010

Der Sachbericht über die Kinderjury Neukölln 2010 steht zum Download bereicht (Großes Dokument - 16 MB).

Kinderkonferenz und Kinderjury Neukölln
Mai 07 bis Mai 08

Kinderkonferenzen sind inzwischen ein verbreitetes Instrument zur Beteiligung von Kindern. Neben anderen Methoden zur Beteiligung für Kinder und Jugendlichen, wie bspw. einem Kinderparlament, projektorientierten Arbeitsweisen (Kiez-Stadtpläne, Fragebogenaktionen, Spielplatzgestaltungen, Zeitungsarbeit), Arbeitsgemeinschaften und Foren (Runde Tische) sollen Kinderkonferenzen folgendes erreichen:

  • Kindern und Jugendlichen ein ernsthaftes und kinder-/jugendgerechtes Angebot zur Einflussnahme auf Angelegenheiten des Gemeinwesens zu machen,
  • Stärkung des Selbstbewusstseins von Kindern und Jugendlichen durch Ernstnehmen ihrer Bedürfnisse,
  • Kinder und Jugendliche lernen aus den Problemlösungen anderer Kinder/Jugendlicher und werden bestärkt und aktiviert für ihr eigenes Handeln,
  • Vermittlung von Erfolgserlebnissen durch Präsentation eigener Projekte,
  • Verantwortliche der Kommune sollen dahingehend beeinflusst werden, die Interessen und Anliegen von Kindern und Jugendlichen stärker und nachhaltiger bei Planungen und Handlungen zu berücksichtigen.
  • Kinder sollen befähigt werden, sich aktiv einbringen zu können.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass Kinder nicht die gleichen Formen und Mittel nutzen, wie sie Erwachsene vorgeben. Kinder sind spontan, kreativ und nicht so organisiert wie Erwachsene – aber dennoch Experten für ihre Belange. (siehe Neuköllner Kinderbüro: www.kibue.net)

In diesem Sinne tagte die erste Neuköllner Kinderkonferenz im Mai 2007. In den folgenden 8 Monaten sind verschiedene Planungsprozesse von Kindergruppen entstanden, um Neukölln  kindgerecht zu verschönern. Die Kinder wurden unterstützt durch viel ehrenamtliches Engagement von Erwachsenen und hauptamtlichen BehördenmitarbeiterInnen. Netzwerk Zukunft Neukölln hat gemeinsam mit der Projektwerkstatt und der Stadtvilla Global sowie dem Neuköllner Kinderbüro insgesamt 20.000 Euro beim Quartiersmanagement Gropiusstadt und der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin eingeworben, um die erste Neuköllner- Kinderkonferenz in der Gropiusstadt auf die Beine zu stellen und einfach zu beantragende Projektmittel  in Höhe von insgesamt 15.000 Euro für Kinder bereitzustellen. Diese Mittel wurden Ende Januar an bisher 11 Kinderprojekte durch eine Kinderjury vergeben. Die Kinderjury tagte insgesamt sechsmal. In der Kinderjury fanden sich aus den einzelnen Projektgruppen einzelne Vertreter/innen zusammen, die sich zuerst eine Geschäftsordnung gaben, ein einfaches kindgerechtes Projektantragsformular und eine einfache Projektabrechnung entwickelten, Zeitleisten und günstige Termine besprachen. Es wurden im Laufe der Sitzungen auch Probleme insbesondere Zeitverzögerungen, fehlende Disziplin in den Gruppen und mangelnde Unterstützung durch Erwachsene (z.B. LehrerInnen, EinrichtungsmitarbeiterInnnen, Eltern) thematisiert.

Impressionen aus Planungsprozessen nach der Kinderkonferenz Neukölln - Sichtweisen von Kindern:

Projektgruppe:  Kinder helfen Kindern

Es wurden im Laufe der Jurysitzungen von Kindern Fragen zu Projekten gestellt, die für Erwachsene überraschend sind. Beispielsweise plante eine Hortgruppe, krebskranke Kinder im Krankenhaus durch Spielnachmittage aufzuheitern, „weil es im Krankenhaus so langweilig ist“.  Hier wurde dann von anderen Kinder-Jurymitgliedern gefragt, ob Krebs ansteckend sei und das Vorhaben vielleicht gefährlich ist. Nachdem dies geklärt war, wurde das Projekt für gut befunden, weil jedes Kind dem nur beipflichten konnte, dass mit eines der schlimmsten Probleme bei Krankheiten die Langeweile im Krankenhaus ist. Dieses Projekt wurde auf der sechsten und entscheidenden Sitzung der Kinderjury bewilligt. Die gesamte Kindergruppe stellte ihren Projektantrag in Form eines kleinen Sketches dar.

Projektgruppe: UFO-Außengelände

Eine andere Planungsgruppe kam aus einem Kinderclub, der seit 2 Jahren in einem Jugendclub integriert ist. Es handelte sich um eine Gruppe von überwiegend 10-Jährigen.

Klar war, dass das Außengelände ausgerichtet war auf Jugendliche und Kinder ab 12 Jahren, gekennzeichnet durch ein Basketball-, ein kleines Fußball- und ein Volleyballfeld sowie Sitzmöglichkeiten. Wir dachten, dass die Kinder bei der kindgerechten Mitgestaltung des Außengeländes an Spielplatz-Equipment wie Schaukeln oder einem Klettergerüst interessiert wären.

Bei Planungszeichnungen malten aber alle vor allem Basketball und Volleyballfelder. Sie meinten, dass es neben dem Basketball für die „Großen“ auch noch ein zusätzliches Feld für die „Kleinen“ geben müsste. Denn „die Grossen sagen immer: Hey ! Gib den Ball her! In der Diskussion erarbeiteten wir alternativ ein Modell von unterschiedlichen Nutzungszeiten, das die MitarbeiterInnen vor Ort umsetzen wollen. Dieses Projekt war somit kostenneutral bis auf eine erwachsene Betreuung, der auf die Einhaltung altersgerechten Nutzungszeiten achten muss.

Der zweite Wunsch war dann ein Baumhaus, ein Plan,  der wegen des Mangels an hohen Bäumen und der zu langen Wuchszeiten verworfen wurde. Alternativ wurde ein Fort-ähnliches Klettergerüst auf einem Foto favorisiert.  Als dann klar wurde, dass die Höhe von 2 Metern nur der Höhe eines großen Mannes entspricht, waren alle sofort zutiefst enttäuscht, weil diese Spielplatzstandardbebauung zwar den Sicherheitsvorstellungen von Behörden entsprechen mag, für die Altersgruppe 8 bis 12 aber „viel zu langweilig“ ist. Kinder lieben es gefährlich! Ein Einzelvorschlag zu einer Schaukel wurde von der Gruppe gleich verworfen. Dies sei „etwas für Babys“. Schaukeln seien nur dann gut, wenn man „hoch schaukeln und dann weit springen kann“. Darüber war sich die Gruppe einig. Letztlich wünschten alle ein Trampolin, auf dem man zu mehreren Springen kann und eine Hängematte.

Dieses Projekt wurde der Gruppe dann auch Ende Januar von der Kinderjury bewilligt, obwohl es durch die Sicherheitsauflagen sehr teuer wird.  Mit der Zeit wurde die Gruppe dann sogar von Jugendlichen des Hauses unterstützt und die Kinder anderer Einrichtungen, die dem Antrag zugestimmt haben, sollen zur Eröffnungsparty des Trampolins eingeladen werden. Am erstaunlichsten war, wie schnell ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes die Kinder bei ihrem Vorhaben innerhalb von wenigen Tagen unterstützte, so dass das Projekt sofort umgesetzt werden kann. Normalerweise dauern Behördenplanungen von Erwachsenen um Monate länger, wie die Verfasserin dieses Textes aus eigener Erfahrung weiß.

Mehrere Kindergruppen hatten kleine Gartengestaltungsprojekte an ihrer Schule oder ihrem Kinderclub beantragt.

Projektgruppe Bat-Yam-Platz – Platzgestaltung und Öffnung des Gemeinschaftshauses

Die Kinder der Projektwerkstatt Bat-Yam-Platz haben wochenlang an Plänen und Modellen für die Öffnung des Gemeinschaftshauses Gropiusstadt hin zu einem vielbegangenen Fußweg gearbeitet. Im Kern ein fabelhafter Gedanke, denn tatsächlich hat das Gemeinschaftshaus als Nachbarschaftstreff einen gewissen Burgcharakter. Zu einzelnen Gruppenräumen kann man kaum direkt gelangen, sondern muss immer über eine Art „Burghof“. Die Kinder haben damit ein Kernproblem am Bau wahrgenommen, das bisher anscheinend niemand so gesehen hatte. Der Zugang zum Nachbarschaftstreff ist nicht das, was man als niedrigschwellig bezeichnet.  Das wollen die Kinder jetzt ändern. In einem ersten Schritt haben sie einen beparkten Parkplatz vor den Fenstern des Kindertreffs als Spielgelände erobert. Dies wollen sie gemütlich gestalten und dadurch dafür sorgen, dass alle sehen, dass hinter den Mauern des Gemeinschaftshauses ein Kinder- und Elterntreff ist.
Dabei wurden die Kinder von den dazu notwendigen verschiedenen Abteilungen im Bezirksamt (Bau, Bildung, Jugend) relativ schnell unterstützt. Der Einbau einer Türe gestaltet sich etwas schwieriger wegen wiederstreitender Interessen. Hier werden die Kinder aber sicher einen Weg finden, den Zugang zum Gemeinschaftshaus einfacher zu gestalten.
Das Projekt hat daher eine Teilförderung erhalten, um schon mal mit dem Platz anzufangen.

Weitere Projektbeispiele, die entstanden sind, sind ein Kinder-Filmclub, eine Galerie im Treppenhaus einer Schule, in dem Kinderkunstwerke ausgestellt werden, ein Gemeinschaftsgarten zwischen drei benachbarten Schulen und ein Kochclub, bei denen Kinder nicht nur Kochen, sondern gleich ein ganzes Kochbuch oder Kochkarten herausgeben wollen. Kinder machen sich Sorgen um Arme in der Gesellschaft. So wurde von anderen Teilnehmer/innen dem Kochclub empfohlen, das Essen an Bedürftige zu verteilen.

Entscheidungsgremium Kinderjury

Die sechste und entscheidende Sitzung der Kinderjury am 29. Januar in der Stadtvilla Global lief sehr diszipliniert ab. Die Gruppen schafften es in 2 Minuten ihr Projekt vorzustellen oder sogar vorzuspielen und Fragen dazu zu beantworten. Jede Gruppe hatte zwei Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen. Da oft mehr Projekt-VertreterInnen gekommen waren, als Stimmen vorhanden waren, wurde in den einzelnen Projektdelegationen schwer darum gekämpft, „auch mal“ abstimmen zu dürfen. Die Stimmung war ernst, gespannt und fair. Je eine  Stimme hatten auch zwei erwachsene VertreterInnen des Quartiersmanagement.

Alle TeilnehmerInnen der Kinderjury wollen sich gegenseitig in ein paar Monaten die fertigen Projekte zeigen.  Diese neue Abschlusssitzung soll vor den Sommerferien sein und da entscheiden wir auch mit den Kindern, ob wir Erwachsenen noch mal versuchen sollten, einen weiteren Fördertopf für Kinderprojekte und die Kinderjury zu ergattern.

Für uns ist inzwischen klar, Gremienarbeit mit Kindern, die über Dekoration und Alibi-Teilhabe hinausgeht macht auch Erwachsenen großen Spaß. Wir können viel von Kindern lernen und mit ihnen gemeinsam erreichen. Aber es macht auch verdammt viel Arbeit, Fördermittel kindgerecht abrufbar zu machen und die Kinder „bei Stange“ zu halten. Im nächsten Durchgang brauchen wir mehr ehrenamtliche UnterstützerInnen und wir planen ein paar Bordmittel für Projektcoaches ein.

Dipl. Pol. Eva Lischke, Ehrenamtlich bei Netzwerk Zukunft seit 1989
Teizeitbeschäftigt im Jugendamt Neukölln, Fachliche Steuerung Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit, FS 1.1, Karl-Marx-Str. 83, 12040 Berlin

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